Ergänzende Methoden
Effectuation
Effectuation beschreibt, wie erfolgreiche Entrepreneure denken und handeln. Saras Sarasvathy hat diesen Begriff in Zusammenhang mit ihrer Forschungsarbeit auf dem Gebiet der Entrepreneurship- Forschung eingeführt und unter diesem Namen ein Konzept entwickelt, mit dem es gelingt, unter Ungewissheit unternehmerisch erfolgreich zu sein. Sie beschreibt dieses Konzept im Wesentlichen mit vier einfachen Prinzipien, die sie gegenüber typischen Praktiken aus der klassischen managementlehre abgrenzt. Je größer die Ungewissheit im jeweiligen Kontext, desto bedeutungsvoller ist die Orientierung an Effectuation anstatt der klassischen Lehre.

- Mittelorientierung (statt Zielorientierung): Wählen Sie den „Spatz in der Hand“ und fangen damit zu arbeiten an, anstatt auf die „Taube auf dem Dach“ zu spekulieren.
- Leistbarer Verlust (statt erwarteter Ertrag): Rechnen Sie immer mit einem Verlust Ihres Einsatzes und treffen Sie die Entscheidung für Ihren nächsten Schritt stets so, dass Sie bereit sind, diesen Verlust zu verschmerzen.
- Zufälle und Umstände als Chancen (statt Risikomanagement): Betrachten Sie neue Umstände oder Zufälle immer als erstes unter dem Aspekt, welche neuen Gelegenheiten sich daraus ergeben.
- Vereinbarungen und Partnerschaften mit den Interessierten eingehen (statt mit den Perfekten): Suchen Sie nicht nach dem perfekten Partner für Ihr Vorhaben, sondern nach dem perfekten Vorhaben für Sie und Ihre Partner.
Da sich durch neue Partner die verfügbaren Mittel und die Ziele verändern können ergibt sich ein iterativer Prozess.
Lean Startup
Lean Startup beschreibt, wie erfolgreich neue Geschäftsideen verwirklicht werden. Eric Ries hat selbst erfolgreich Startups gegründet und dabei beobachtet, was für seinen Erfolg wichtig war. Auf dieser Basis entwickelte er das Konzept „Lean Startup“. Seine wesentliche Erkenntnis: Es ist wichtig, seine Ideen so schnell wie möglich zu überprüfen, indem diese auf einfachste Art realisiert werden und darüber ein Dialog mit potentiellen Kunden geführt wird. Für diesen validierten Lernprozess beschreibt er einen Zyklus mit drei Schritten.

- Build: Ist die erste Idee vorhanden, wird ein einfacher Prototyp (Minimum Viable Product) hergestellt.
- Measure: Der Testkunde erhält den Prototyp und wird professionell beobachtet, wie er ihn einsetzt, und nach seinen Gedanken dazu befragt.
- Learn: Aus den Testergebnissen wird abgeleitet, ob man grundsätzlich auf dem richtigen Weg ist und diesen weiter verfolgen sollte (Persevere) oder ob eine deutliche Richtungsänderung erforderlich ist (Pivot).
Die aus dem Prozess generierten Ideen sind Grundlage für den Bau des nächsten Prototypen. So entsteht ein iterativer bzw. zyklischer Prozess.
Pretotyping
Der Begriff „Pretotyping“, wie er von Alberto Savoia geprägt wurde, weist auf den Unterschied zwischen klassischem Verständnis von Prototyping und dem neuen innovationsfördernden Verständnis von Prototyping hin, wie es auch bei INNERINNOVATION zur Anwendung kommt. Klassisch werden Prototypen hergestellt, um zu prüfen, ob ein neues Produkt gut hergestellt werden kann. Nach dem neuen Verständnis wird geprüft, ob ein neues Produkt überhaupt hergestellt werden sollte. Also ob es so, wie es vorgesehen ist, überhaupt einen Kundennutzen generiert und einen Markt trifft. „Versichere dich, dass du das Richtige baust, bevor du es richtig baust“ lautet der Leitsatz von Alberto Savoia. Es ist also eine Überprüfung, die schon sehr früh im Innovationsprozess stattfindet.

Seine Philosophie beschreibt Savoia komprimiert mit dem „Pretotyping Manifesto“:
„innovators beat ideas“ – Es sind die innovativen Menschen, die Innovationen entstehen lassen. Gute Ideen selbst sind noch lange keine Innovation.
„pretotypes beat productypes“ – Je früher das Produktkonzept getestet wird, desto besser.
„doing beats talking“ – Lange Reden bringen oft keine neuen Erkenntnisse, aber ein empirischer Test schon.
„simplicity beats features“ – Es ist besser, einen einfachen Prototypen herzustellen und nur die Merkmale zu simulieren, die den maximalen Kundennutzen ermöglichen, anstatt alle möglichen Features zu implementieren, die nachher womöglich kaum jemand nutzt.
„now beats later“ – Je früher wir feststellen, ob ein neuer Ansatz Anklang findet, desto weniger Zeit, Geld, Herzblut und sonstige Ressourcen werden beim Verfolgen eines falsches Ansatzes verschwendet.
„commitment beats committees“ – Der Austausch mit Anderen erfüllt keinen Selbstzweck sondern sollte zu Vereinbarungen führen, die das weitere Vorgehen unterstützen.
„data beats opinions“ – Über Vermutungen lässt sich streiten, über Daten aber nicht. Mit empirischen Daten vom Markt sollten wir unsere Meinungen der Realität anpassen und entsprechend handeln.
Design Thinking
Design Thinking beschreibt eine Vorgehensweise, mit der man zu einem innovativen Produktdesign gelangt. Die Brüder Joe und David Kelley haben sich mit ihrer Firma Ideo einen herausragenden Ruf in Sachen Produktdesign erworben. Irgendwann haben sie damit begonnen, sich bewusst zu machen, was sie tun, wenn sie neue Produkte entwickeln. Daraus hat sich Design Thinking entwickelt, eine Vorgehensweise, die mit sechs Schritten beschrieben wird.
- „Understand“ – Gemeinsam klären, um welches Thema es geht und welche zentrale Fragestellung beantwortet werden soll.
- „Observe“ – Menschen dabei beobachten, wie sie mit diesem Thema umgehen.
- „Define“ – Die Herausforderung genauer spezifizieren. Typische Nutzer durch Personas beschreiben.
- „Ideate“ – Brainstorming nach möglichen Lösungen. Ideen clustern und priorisieren.
- „Prototype“ – Rudimentäre Muster für Lösungsideen erstellen und so aufbereiten, dass sie sich für Tests eignen.
- „Test“ – Nutzer mit den Prototypen konfrontieren und daraus lernen.

Wenn die sechs Schritte einmal durchlaufen wurden, endet der Prozess nicht, sondern man steckt mittendrin. Nach dem sechsten Schritt, dem Testing, wird die Arbeit durch Zurückspringen zu einem der vorangegangenen Schritte fortgeführt, je nach dem, welches Ergebnis das Testing gebracht hat. Bei einem Produktentwicklungsvorhaben werden die einzelnen Schritte also mehrfach, in einer nicht vollständig vorherbestimmten Anzahl und Reihenfolge durchlaufen. Dabei wird immer versucht, möglichst schnell zu einem neuen Prototype und Test zu gelangen. Die Entwicklung erfolgt also in Iterationsschritten.
Agile Development
Agile Developement beschreibt erfolgreiche Arbeitsprinzipien in der Softwareentwicklung. Zu den Initiatoren der Agile-Bewegung gehören Kent Beck, Ken Schwaber, Jeff Sutherland und viele mehr. Durch ihr Mitwirken sind auch die methodischen Vorgehensweisen Scrum und Extreme Programming (XP) entstanden und haben sich in der Welt verbreitet. Die „Agilen Prinzipien“ sind in der Form des „Agile Manifesto“ veröffentlicht:
- Individuen und Interaktionen mehr als Prozesse und Werkzeuge
- Funktionierende Software mehr als umfassende Dokumentation
- Zusammenarbeit mit dem Kunden mehr als Vertragsverhandlung
- Reagieren auf Veränderung mehr als das Befolgen eines Plans
Zwar werden jeweils beide Seiten als wichtig erachtet, aber der jeweils einen Seite wird ein höherer Stellenwert beigemessen.

In der Scrum-Methode wird das iterative Arbeiten besonders deutlich. Durch eine Vorgehensweise mit schrittweisen Veränderungen, schnellen Tests und Feedbackschleifen wird eigenverantwortliches Lernen gefördert. Im Austausch mit den Anwendern erstellt der Product Owner den Product Backlog, eine Liste von Anforderungen, nach Priorität sortiert. Mit dem Sprint Planning wird festgelegt, welche Anforderungen im nächsten Sprint umgesetzt werden sollen. Ein Sprint dauert 30 Tage. Um den optimalen Fortschritt im Sprint zu gewährleisten, gibt es tägliche kurze Meetings (Daily Scrum). Dort erzählt jeder, was er gestern getan hat, was er heute tun wird und wo es klemmt. Am Ende des Sprints findet ein Review statt, in dem der Product Owner über den Stand der Entwicklung informiert wird. Der Kunde erhält eine lauffähige Software, die er testen und dadurch besser beschreiben kann, welche Funktionalität er tatsächlich benötigt. Die Testergebnisse können dazu führen, dass im Product Backlog Anforderungen ergänzt, gestrichen oder umsortiert werden. In der Sprint Retrospektive sucht der Scrummaster zusammen mit dem Team nach Verbesserungsmöglichkeiten bei der Arbeitsweise.
Die Anforderungen an das Produkt dürfen sich im Prozess verändern. Der Arbeitsrhythmus, also die Länge der Sprints und des Daily Scrum, bleibt jedoch konstant.
Appreciative Inquiry
Appreciative Inquiry wurde in den 80er Jahren von David Cooperrider entwickelt. Es ist insbesondere ein Leitfaden für eine gegenseitige wertschätzende Befragung um eine innovationsfördernde Kommunikation im Unternehmen zu unterstützen. Dabei entsteht eine Fokussierung der Aufmerksamkeit entlang der Zeitachse. Nach einem Blick auf die Vergangenheit und in die Zukunft landet die Aufmerksamkeit bei dem, was jetzt getan werden sollte. Diese Form der Kommunikation leitet aus bisher erworbenen Kompetenzen Chancen für die Zukunft ab und liefert Impulse für konkretes Handeln.

Der Leitfaden beinhaltet vier Schritte entlang der Zeitdimension:
- „Discovery“ – Dies ist die Entdeckungsphase. Der Blick wird auf die Vergangenheit gerichtet und dazu Fragen gestellt wie: Was haben wir bisher gut gemacht? Was waren unsere Beiträge für unseren bisherigen Erfolg?
- „Dream“ – Es werden Visionen entworfen und quasi gemeinsam geträumt. Der Blick wird auf die Zukunft gerichtet und dazu die Frage gestellt: Was könnten wir alles möglich machen, wenn wir aus dem, was wir gut können, noch viel mehr machen würden?
- „Design“ – Von den vielen Möglichkeiten wird eine ausgewählt und ein konkretes Bild für die Zukunft entworfen und dazu gefragt: Was nehmen wir uns nun vor?
- „Destiny“ – Die Umsetzung beginnt im Jetzt, indem die Frage gestellt wird: Was sind jetzt konkret die nächsten Schritte? Was tun wir jetzt als nächstes, um unsere Idee zu verwirklichen?
In Unternehmen, welche Appreciative Inquiry leben, verlaufen Gespräche spontan nach diesem Prinzip. Es wird zu einem festen Bestandteil der Unternehmenskultur. Bedenken Sie, die Kraft, sich zu verbessern, entspringt der Erkenntnis, dass es möglich ist. Appreciative Inquiry ist ein wertvolles Hilfsmittel dazu.
Die FlowTeam Methode
Die FlowTeam Methode beschreibt, wie eine innovationsfördernde Zusammenarbeit im Team zustande kommt. Der Schweizer Physiker Martin Gerber und amerikanische Wissenschaftlerinnen aus dem Bereich der Systemtheorie haben diese Methode in den 90er Jahren entwickelt. Sie zielt darauf ab, Selbstorganisation in Teams und Arbeitsgruppen so zu unterstützen, dass ganze Teams in einen gemeinsamen Flow kommen. Beschrieben wird die Methode durch zwölf Fokusbereiche in Orientierung 108 (LINK). Die Fokusbereiche sind allesamt für die Arbeit im Kreativraum sehr dienlich. Der erste Fokusbereich wird als „Flowtuning“ bezeichnet und die sogenannte „Flowblume“ ist das dabei verwendete Werkzeug. Im Grunde verbildlicht sie das Grundprinzip des Bewirkens: Menschen (mit Ressourcen) bewirken etwas (machen Sinn), indem sie durch einen Prozess einen Input in einen Output transformieren. Kommt ein FlowTeam zusammen, nutzt es die Flowblume, um das Meeting vorzubereiten und in einer Weise zu starten, durch die einerseits Orientierung und Konzentration im Team möglich werden und andererseits Freiraum für die Vorgehensweise und das Ergebnis verbleibt.

Wer ein FlowTeam-Meeting beobachtet, wird feststellen, dass überall Flipchartblätter hängen, an denen Menschen arbeiten, indem sie Skizzen erstellen oder Post-it Zettel darauf kleben. Es wird diskutiert, vor allem aber visualisiert. Es wird parallel gearbeitet und, um alle in das neu Entstandene mit einzubeziehen, gibt es von Zeit zu Zeit kurze Präsentationen.